Uben und onten

Als PRINZGAU/podgorschek 2002 ein maßstabslos verkleinertes Stück einer Autobahnbrücke auf den Kopf gestellt in der Ausstellungshalle von Chengdu in China präsentierten, konnten sie noch nicht ahnen, dass schon 10 Jahre später ihr verspieltes Zerrbild eines motorisierten Turbokapitalismus, eingebettet in die Reste der realpolitischen Auswüchse einer fernöstlicher Interpretation des angewandten Sozialismus den Tatsachen auf den Straßen bereits einen so großen Schritt nähergekommen ist. 

Durch die Verzerrung der Größenverhältnisse gewinnt Die Brücke der unvollendeten Harmonie Spielzeugcharakter. Dieser spielerische Zugang wird zusätzlich durch die Tatsache unterstrichen, dass der verkehrte Teil der Brücke, die Unterseite, die nun nach oben sieht, mit Autos vollgestellt ist – und welches Kind freut sich nicht, auf knappster Fläche alle seine Spielzeuge zu arrangieren, wenn nicht gar zu zwingen? Oder auf den Kopf zu stellen?

Dennoch lenkt die spielerische Leichtigkeit nicht von den eigentlichen Themen der Installation ab. Die Ausmaße, die Verkehr- und Transportwesen im Westen schon erreicht haben, mit all ihren niederschmetternden Konsequenzen wie etwa Verschmutzung der Stadt mitsamt ihrer Gebäude, Straßen, Menschen und der Luft, endlosem Stau, Unterstützung der allgemeinen Hektik in inszenierter Bewegungslosigkeit – das alles passiert gerade in viel kürzerer Zeit und mit viel größerem Tempo als es etwa in den Zeiten des Wirtschaftswunders bis zu den 1980er-Jahren im Westen der Fall war, als der Film Koyaanisqatsi: Life Out of Balance mit eben dieser Thematik in einzigartiger Weise für Aufsehen sorgte. 

PRINZGAU/podgorschek ist es nach weniger als zwei Jahrzehnten gelungen, Ernst Jandls lechts und rinks eine neue Dimension hinzuzufügen: uben und onten.

Text: Celine Wawruschka

Bio: 

PRINZGAU/podgorschek

www.prinz-pod.at

arbeiten als Team seit 1984 

Schwerpunkte: Konzeptuelles Design und Architektur, Modelle und Installationen, Kunst im öffentlichen Raum, Photographie wie Malerei. Experimentelle, dokumentarische Filme sowie Animationen seit 1989.

art in public space:

Die Entdeckung der Korridore Paasdorf bei Mistelbach/A 1995, Migration tapis rouge, Dieppe/F 2007, nel frattempo…P/punti speciali, Venedig/I 2010, SCHWANENSTILLE, ARCANA FESTIVAL 2010. Umbau der Kirche Tragwein OÖ (in progress), eS, Vorplatz Nodico Linz/A.

Film: 

die pedianten (animation, Cannes Wettbewerb 1990), PAARLÄUFER (Doku 2004), sneaking in, Donald Richies life in Film (Doku 2002) , made in dignity (Doku 2004) sowie zahlreiche Kurzfilme.